Servus, ihr Lieben!
In meinem vorigen Beitrag blickte ich auf den rostrosigen Juli 2020 zurück. Ich habe mich sehr über eure virtuelle Begleitung durch diese bewegten Sommerwochen gefreut - recht herzlichen Dank für eure wunderbaren Kommentare dazu 💚!
Unter anderem erwähnte ich darin einen Ausflug nach Mayerling, den ich am 12. Juli ohne Herrn Rostrose unternommen habe - aber da Edi und ich am 15. September gemeinsam am selben Ort waren, versprach ich, euch in Bälde die Fotos von beiden Ausflügen zu zeigen. Der letztgenannte Ausflug war eine Mischung aus Natur und Kultur, denn zunächst besuchten wir dort ein ehemaliges Jagdschloss, das jetzt ein Museum und ein Kloster ist. Und ein Ort, der ganz schön viel Historie verströmt!
[Dieser Beitrag kann Werbung enthalten - durch Links zu externen Seiten, desweiteren durch Fotos, Orts-,
Firmen-, Lokal- und Produktnennungen... - die ohne Sponsoring, ohne Auftrag und ohne Bezahlung erfolgt.]![]()
Schloss Mayerling:
Die inmitten des Wienerwalds gelegene Ortschaft Mayerling besteht gerade mal aus 44 Häusern und 273 Einwohnern; in der Österreichischen Geschichte ist sie dennoch von großer Bedeutung. Schon als Kind faszinierte mich, was ich davon aufschnappte. Wann immer wir in meiner Kindheit oder Jugendzeit - unterwegs zu irgendwelchen Wienerwald-Ausflügen - an einer Tafel voreifuhren, die auf Mayerling hinwies, kamen meine Eltern nämlich auf
"die Tragödie" oder
"die Affaire" von Mayerling zu sprechen. Und weil darin so viel Geheimnis steckte, gelang es ihnen, mein Interesse zu wecken. Doch aus verschiedenen Gründen ergab es sich erst im Jahr 2020, dass ich den "Ort des Geschehens" besuchte.
![Foto von Kronprinz Rudolf - Quelle: Klick / Foto von Mary Vetsera - Quelle: Klick]() |
Aufnahmen der Anlage in Mayerling von unserem Ausflug am 15.9. / Foto von Kronprinz Rudolf - Quelle: Klick / Foto von Mary Vetsera - Quelle: Klick |
Schauplatz der Tragödie war das einstige Jagdschloss in Mayerling bei Alland. Denn hier starben im Jänner 1889 unter noch immer nicht restlos geklärten Umständen der 30jährige Österreichische
Kronprinz Rudolf und die erst 17jährige Baronesse
Mary Vetsera.
Heute beherbergt das Schloss den
Karmel St. Josef der Unbeschuhten Karmelitinnen und eine Ausstellung, die sich mit dem Leben und Sterben des Kronprinzen und der Baronesse beschäftigt. Ich kann euch hier aber aus Platzgründen lediglich Teile der Geschichte erzählen und die Personen nur kurz vorstellen - falls ihr mehr darüber wissen wollt, findet ihr
hier eine sehr gut aufbereitete Seite mit zahlreichen Informationen über das einstige Jagdschloss und nunmehrige Kloster sowie die handelnden Personen, und klickt bitte auch auf die übrigen eingefügten Links.)
![]()
Rudolf, Kronprinz von Österreich und Ungarn (21. August 1858 - 30. Jänner 1889), war der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth. Ihr könnt euch gewiss vorstellen, dass von seiner Geburt an hohe Erwartungen in ihn gesetzt wurden. Das sensible Kind wurde seiner Mutter weitgehend entzogen und von Erzieherinnen, gestrengen Hauslehrern und einem Generalmajor ausgebildet - es sollte "ein guter Soldat, begeisterter Jäger und braver Katholik" werden. Einer seiner Erzieher setzte dermaßen drakonische Maßnahmen ein - klick - dass Elisabeth die psychische und physische Gesundheit ihres Sohnes bedroht sah und erfolgreich intervenierte. Elterliche Liebe und Zuwendung scheinen dem Kronprinzen während seiner gesamten Kindheit und Jugend gefehlt zu haben. Später entwickelte er (für die damalige Zeit) radikale politische Ansichten, "die dem konservativen Charakter eines künftigen Monarchen nicht entsprechen würden" (Aussage von Friedrich von Beck-Rzikowsky). Da er sich unglücklich in so vielen Lebensbereichen fühlte, suchte er sein Heil zunehmend in Affairen und Alkohol und experimentierte mit verschiedenen Drogen.
Mich hätte sehr interessiert, welcher Staatsmann aus ihm geworden wäre, sofern man ihn gelassen hätte. Sein Vater hielt ihn für schwach, doch war er das wirklich? Oder wurde er nur geschwächt und letztendlich krank an Geist und Körper, weil er nicht der sein durfte, der er war? Im Neuen Wiener Tagblatt hatte der Kronprinz unter einem Pseudonym mehrfach kritische Artikel geschrieben, die ihn als Kämpfer gegen Nationalismus und Antisemitismus sowie als Förderer der Wissenschaft zeigten. Seine liberalen, antiklerikalen und pro-jüdischen Ansichten wurden bei Hof allerdings bestenfalls als überspannt und unreif betrachtet, von mancher Seite zog er sich auch Feindseligkeit zu. Womöglich wäre durch einen freidenkerischen Mann wie Rudolf an der Spitze Österreichs das gesamte Zwanzigste Jahrhundert anders verlaufen - und wer weiß, vielleicht sogar ohne die beiden verheerenden Weltkriege? Hier eine interessante Analyse der historischen Person Rudolf, die aber natürlich auch keine endgültige Antwort auf die Frage nach dem "Was wäre wenn" bieten kann.
![]()
Marie Alexandrine Freiin von Vetsera, genannt Mary (19. März 1871 - 30. Jänner 1889), war das dritte von insgesamt vier Kindern des Diplomaten Albin Ritter von Vetsera, und seiner Gemahlin Helene, geborene Baltazzi, die aus einer der reichsten Familien Konstantinopels stammte. Mary war attraktiv, verwöhnt, sinnlich, leidenschaftlich, "etwas kokett, gehasst von anderen Frauen, die durch sie in den Schatten gestellt wurden. Für mich hat sie nur einen einzigen Fehler begangen, und den hat sie mit ihrem Leben gebüßt", so ihr Hauslehrer. "Wer war schon die Vetsera?", meinte Rudolfs Ehefrau Stephanie über sie. "Noch die letzte Nacht verbrachte er bei seiner Freundin, der Grand Cocotte*) von Wien."DochMary, die heftig für den Kronprinzen geschwärmt hatte, war da, als sonst niemand für ihn da war.
*) = Mizzi Kaspar, siehe weiter unten.
![]() |
Lithografie - Mary und ihr älterer Bruder Ladislaus, der 1881 beim Ringtheater-Brand ums Leben kam; einer von Marys insgesamt vier Särgen; Portrait von Mary als Jugendliche; Rosen vor dem Teepavillon sowie einer der erst 2015 der Öffentlichkeit bekanntgegebenen Abschiedsbriefe Mary Vetseras (Quelle: KLICK) |
Nach heutigem Wissensstand hat der Kronprinz sowohl sich selbst als auch Mary Vetsera erschossen; Mary dürfte aus Liebe freiwillig mit ihm in den Tod gegangen sein. Dies ist jedenfalls ihren lange Zeit verschollenen und erst vor wenigen Jahren wieder aufgetauchten Abschiedsbriefen zu entnehmen. (Ich nehme an, dass ihre Echtheit genauestens überprüft wurde.) Ein ausschließlich romantisch-sentimentaler Liebestod scheint es in seinem Fall jedoch nicht gewesen zu sein, viel eher wohl eine vielschichtige Verzweiflung, die ihm das Leben unerträglich machte.
Rudolf dürfte aus verschiedenen Gründen unter Niedergeschlagenheit gelitten haben - ob auch unter der Krankheit Depression, ist mir leider nicht bekannt. Er war im Hof isoliert, seine Hoffnung auf ein friedliches, liberales Europa schwand dahin, ebenso seine Gesundheit, denn er hatte sich durch seinen unsteten Lebenswandel ein sogenanntes venerisches Leiden zugezogen. (Die „venerische Krankheit“ war häufig ein Synonym von Syphilis.)
![]()
Zwar hatte er 1881 auf Druck des Hofes Prinzessin Stephanie von Belgien geheiratet, doch das einzige, was sie verband, war die gemeinsame Tochter Elisabeth. Sonst waren sie in Charakter und Weltanschauung zu weit voneinander entfernt und wurden einander im Lauf der Ehe immer fremder; stattdessen pflegte Rudolf mehrere Affären. Mit seiner langjährigen Geliebten Mizzi Kaspar, der oben erwähnten "Grand Cocotte von Wien" verbrachte er (wie seine Ehefrau so treffend bemerkt hatte) noch eine der letzten Nächte seines Lebens. Angeblich wollte er mit ihr zusammen in den Tod gehen, doch Mizzi weigerte sich und benachrichtigte sogar die Polizei über Rudolfs Selbstmordpläne. Diese Information wurde allerdings ignoriert. (Mizzi Kaspar starb im Jahr 1907, laut Totenschauprotokoll an Rückenmarksverhärtung, Folgeerscheinung einer Syphilis.)
Auch Prinzessin Stephanie war übrigens im Jänner 1989 bei Kaiser Franz Joseph vorstellig geworden, um ihm zu berichten, dass ihr Ehemann in schlechter körperlicher und seelischer Verfassung war - "hinabgezogen in eine andere Welt" - doch Rudolfs Vater bagatellisierte diese Nachricht. Bis es dann, am 30. Jänner 1989, zu spät war, um die Tragödie zu verhindern.
![]()
Fest steht, dass man danach alles versuchte, um den Doppelselbstmord - oder Mord und Selbstmord - zu vertuschen. Zeugen wurden zu lebenslangem Schweigen verpflichtet und die Leiche Mary Vetseras schaffte man heimlich aus dem Jagdschloss. Erst nach dem Ende der Monarchie wurde offiziell bekannt, dass auch sie in jener Nacht in Mayerling zu Tode gekommen war. Wichtige Unterlagen wurden vernichtet, österreichische Zeitungen mussten Falschmeldungen bringen - so hieß es in einem Blatt, der Kronprinz sei an einem Herzschlag verstorben, in einem anderen war zu lesen, dass er einen tödlichen Schlaganfall erlitten hatte, und auch von einem Jagdunfall war die Rede - während ausländische Zeitungen längst über Selbstmord schrieben. Letztendlich kamen Teile der Wahrheit heraus, doch es wurde weiter getrickst: Um ein kirchliches Begräbnis für Rudolf zu ermöglichen, wurde ihm ärztlicherseits geistige Verwirrung zum Zeitpunkt seiner Selbsttötung konstatiert. Gerade durch all diese Heimlichtuerei begannen sich aber zahlreiche Gerüchte um Rudolfs und Marys Tod zu ranken, und manche - wie das Gerücht, dass gedungene Mörder den Tod der beiden verursacht hätten - kursieren auch heute noch.
![]()
Auf Veranlassung von Kaiser Franz Joseph I. wurde das Jagdschloss noch im Jahr 1889 zu einem Kloster umgebaut - das Gebäude von damals ist (bis auf den Teepavillon) kaum noch wieder zu erkennen. Für den Umbau und den Unterhalt der Karmelitinnen, die besonders für das Seelenheil Rudolfs beten sollten, errichtete der Kaiser eine Stiftung mit einem Kapital von 140.000 Gulden. Der Hochaltar der neu errichteten neogotischen Kirche erhebt sich nun an der Stelle des Sterbebettes von Kronprinz Rudolf. An der Stelle der Seitenkapelle lag das Zimmer des Kammerdieners Loschek. An der Tür zu dieser Seitenkapelle befindet sich u.a. folgende Information: "Die Statue der schmerzhaften Gottesmutter, deren Herz von einem Dolch des Leidens durchbohrt wird, stiftete Kaiserin Elisabeth. Sie konnte freilich nicht ahnen, dass sie 1898 selbst erdolcht werden würde..."Zwar hatte sie nie viel Kontakt zu ihrem Sohn gehabt, doch in ihren liberalen Ansichten waren Rudolf und Elisabeth einander sehr ähnlich. Nach Rudolfs Tod trug Elisabeth bis zu ihrem Lebensende (fast) nur noch schwarze Kleidung.
![]() |
Der Teepavillon und das Schloss im Wandel der Zeit: Oben links: Der heutige Zustand des Pavillons; oben rechts Decke vor der Renovierung (Bildquelle: Klick); alte Postkarte mit Ansicht des Schlosses (Quelle: Klick); großes Foto unten rechts: Decke und Wandmalerei nach der Renovierung; Teepavillon 2005 vor Renovierung (Quelle: Klick); Grundrissplan des Anwesens (Quelle: Klick) |
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude schwer beschädigt, doch auch nach der Wiederinstandsetzung war es in keinem besonders guten Zustand - nasse Grundmauern, Schimmel, loses Mauerwerk, herabfallender Putz... 1967 brach im Inneren des barocken Teepavillons ein Brand aus - er hinterließ vor allem an der ornamentalen Deckenmalerei schwere Schäden. Da die Schwestern selbst für den Erhalt des Gebäudes sorgen müssen, wurde das Projekt „Rettet den Karmel Mayerling“ ins Leben gerufen. Zwischen 2014 und 2017 wurden die Renovierungsarbeiten durchgeführt, und im Jahr 2014 erfolgte auch die Eröffnung eines Besucherzentrums.
Unser Eindruck: Die Ausstellung ist interessant aufbereitet, und auch den kleinen Teepavillon mit der renovierten Deckenmalerei, die Kirche und den Garten fanden wir sehenswert. (Es wäre jedoch noch sehr viel Platz für weitere bienenfreundliche Pflanzen übrig 😉🌸🐝)
![]() |
Das Tor zur Kirche Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel ist mein T in die neue Woche
|
Für die an Kleidung Interessierten unter euch kann ich hier mein Ausflugs-Outfit vom 15. September zeigen: Eine dezent in Waldfarben getönte, aber dennoch rostrosige Mischung aus Museums- und Wanderanzug - stellt euch dazu bitte noch meine Bergschuhe vor 😉: Denn im Anschluss an unseren Museumsbesuch unternahmen wir noch eine kleine Wanderung auf einem der nahe dem Schloss gelegenen Wege.
![]()
Meine Kleidung war zwar durch Brombeertöne und Waidmannsgrün an den Frühherbst angepasst, aber der Himmel! oh! - der war weit weg vom Herbst... Ihr werdet sehen, dass er bei meinem Sommerausflug im Juli nicht annähernd so blitzblau war wie an diesem Septembertag! In der folgenden Collage könnt ihr einen septemberlichen Blick auf die Anlage und die Umgebung werfen. Auch sonst haben wir an diesem Tag dort noch einiges Schönes gesehen - aber nicht mehr fotografiert. Macht nichts: Ich hatte ja schon die Fotos von meinem vorangegangenen Mayerling-Ausflug im Juli 😉
![]()
Rückblick auf den 12. Juli:
Es ist leider nicht dokumentiert, welche Kleidung ich bei meinem Solo-Ausflug im Juli trug, aber ich kann euch einige Fotos bieten, die an diesem Tag bei meiner Wanderung entstanden sind. Zunächst ein Blick auf die Anlage von beinah derselben Stelle aus wie im September - und bei der Gelegenheit bekommt ihr gleich ein paar Himmelsblicke dieses Tages zu sehen. Daran lässt sich erkennen, dass das Wetter an jenem Junitag eher wechselhaft war - auf der einen Seite türmten sich schwere Wolken, auf der anderen zeigte sich leichtfüßiges Blau und auch die Wolken sahen freundlich aus. Wie auch immer: Ich blieb an jenem Tag trocken.
Für Novas Glockenturm-Linkup habe ich die Kirche von außen aus mehreren Perspektiven aufgenommen. Und auch das renovierte Dach des Teepavillons seht ihr in der folgenden Collage von außen:
![]()
![]()
Die weiteren Aufnahmen von Pflanzen und Kleingetier entstanden dann schon auf dem einsamen Wanderweg. Die einzigen maßgeblichen Geräusche, die ich beim Wandern hörte, stammten von einem großen Greifvogel - leider gelang es mir nicht, ihn zu fotografieren - er stieß seine wilden Rufe aus und verschwand hinter Wipfeln oder Wolken. Der Kaisermantel-Falter in der übernächsten Collage zeigte sich da um einiges kooperativer.
![]() |
Der Durchblick im Wald wäre auch ein schönes Tor für Nova...
|
Lesung in Wien:
Zurück zum 15. September. Der Tag war nach unserem Ausflug natürlich noch nicht zu Ende. Denn in meinem Posteingang war eine Einladung zu einer Lesung gelandet. Der Wiener Autor Stefan Slupetzky würde um
18.30 Uhr aus seinem neuen Erzählungs-Band „Atemlos“ lesen - und zwar vor dem Brunnen am Sobieskiplatz im 9. Wiener Gemeindebezirk. Aufgrund der aktuellen Covid19-Situation verlegte der Buchladen Hartliebs Bücher seine Lesungen nämlich ins Freie, um für den Mindestabstand garantieren zu können.
Weil wir Stefan und seinen Stil mögen, weil wir sein neuestes Werk noch nicht kannten und weil wir finden, dass man Kunst und Kultur in Zeiten wie diesen umso mehr fördern muss, zwängten wir uns mit unserem "Teil-Elektrischen" in den dichten Abendverkehr und fuhren rund anderthalb Stunden lang nach Wien.
In der Natur war mir nach dezenten Tönen zumute gewesen, für den lauen Septemberabend hatte ich Lust auf Knallerfarben. Als Basis ist da mein Alle-Farben-Rock vom Weltladen natürlich bestens geeignet. Dass ich derzeit sehr auf Orange stehe, habe ich in meinem vorigen Post schon erwähnt, deshalb griff ich zu meiner selbstgefärbten Bluse und der afrikanischen Kette. Wenn's dann so richtig fetzen soll, empfiehlt sich dazu die Wahl von gelbstichigem Blau, ergänzt durch meine hellgrünen Sandalen von Waschb*r. So bunt fühle ich mich nicht an jedem Tag wohl, aber an diesem Abend schon - und ich gebe solchen Bedürfnissen gerne nach 😊.
Diejnigen unter euch, die schon länger bei mir lesen, wurden schon das eine oder andere Mal mit dem Namen
Stefan Slupetzky konfrontiert. Er ist ein Österreichischer Schriftsteller, Krimiautor, Kinderbuchautor, Illustrator und Musiker, den mein Göttergatte und ich schon vor ein paar Jahren persönlich kennengelernt haben - und das kam so:
Irgendwann vor dem Sommer 2008 las Edi einen Taschenbuch-Krimi, der ihn offenbar gut unterhielt, und er meinte, der würde mir sicherlich auch gefallen. Nachdem Krimis nicht so ganz das sind, wo meine Finger zuerst hingreifen wollen, ließ ich mir eine Weile Zeit damit, aber irgendwann ging mir der Lesestoff aus und ich griff zu Stefan Slupetzkys
Der Fall des Lemming. Dieses (übrigens preisgekrönte) Buch löste zahlreiche Deja-vus und Gefühle bei mir aus, weshalb ich nach einigem Überlegen meinem Bedürfnis nachgab, im Internet die E-Mail-Adresse des Buchautors fand und ihm meine Meinung schrieb! Zum Beispiel, dass seine Geschichte neben der Krimihandlung Witz und Tiefgang hat und dass es mir gefällt, dass er sich kein Blatt vor den Mund nimmt, dass ich durch seine Schilderungen an Gefühle erinnert werde, die ich, als wir noch in Wien lebten, verspürt habe oder die aus anderen Gründen eine Bedeutung für mich besitzen – Kaffeehausnostalgie, Baustellenlärmfrust, … und an jugendliche Ohnmacht vs. Lehrer-Omnipotenz - und dass man an seinen Beschreibungen erkennt, dass er ein Mensch ist, der malt - ohne beim Griff in den sprachlichen Farbtopf zu übertreiben.
![]()
Kurz, ich hatte von Anfang an irgendwie das Gefühl, ein Buch zu lesen, das ein "guter alter Freund" geschrieben hat. Ich schrieb meine Mail ohne Hintergedanken und ohne die Erwartung, dass wirklich eine Antwort kommen könnte - einfach nur aus dem Bedürfnis heraus, einem Österreichischen Autor ein positives Feedback zu geben und ihm zu versprechen, dass ich seine weiteren Lemming-Bücher ebenfalls lesen würde (was sowohl Edi als auch ich mittlerweile getan haben) und auch Lust auf weitere seiner Werke bekommen hätte. Zu meiner Überraschung kam wenige Tage danach eine sehr sympathische, erfrischend natürliche und offene Antwort von Stefan.
Kurze Zeit später gab es dann eine Art "Zusammenarbeit", denn Edi und ich beteiligten uns beim Radio-Wien-Hörer-Roman, der von zwei bekannten Österreichischen Autoren betreut und redigiert wurde - und einer davon war Stefan Slupetzky. Ich habe euch im Jahr 2009
HIER und vor allem
HIERüber diesen Mundartroman und seine Präsentation bei Radio Wien erzählt. Auch Stefans musikalische Seite stellte ich euch in meinem Blog bereits vor -
HIER könnt ihr über unseren Besuch einer sehr amüsanten Vorstellung des "Trio Lepschi" im Jahr 2017 lesen.
![]()
Wie üblich bei seinen Lesungen, "tigerte" sich Stefan Slupetzky so richtig in seine Stories hinein. Interessanterweise hat er noch vor Covid 19 eine Kurzgeschichte geschrieben, in der es um eine Pandemie geht. Aber verraten will ich euch darüber nichts, denn vielleicht habt ihr ja Lust, sein Buch selbst zu erwerben. Hier der Text aus der Kurzberschreibung:
"Was macht ein schlitzohriger Wiener Privatdetektiv in Hessen? Er wird von einem Vermögensverwalter auf die Entführer seiner Tochter angesetzt. Wie sich bald herausstellt, ist nichts an dieser Entführung, wie es sein soll …
Ein britischer Konsulent verschafft einem deutschen Seidenkrawattenfabrikantensohn auf unkonventionelle Weise den größten Erfolg seines Lebens – freilich läuft das nicht ohne Kollateralschäden ab.
Gruselige Gerüchte treiben zwei Internatsschüler auf den einsamen Turm hinauf. Tatsächlich finden sie dort ein eingelegtes Herz, das ganz und gar nicht tot ist und so einiges im Leben der Buben ändert.
Stefan Slupetzky ist wie gewohnt scharfzüngig und scharfsinnig, seine Geschichten verführen zum Lachen und verursachen Gänsehaut."
Wie immer, wenn wir zu einem "Slupetzky-Abend" gehen, haben wir uns gut unterhalten, und natürlich haben wir ihm seinen Erzählband Atemlos abgekauft, auch zur Freude der Damen von Hartliebs Bücher. Stefan schrieb uns auch eine Widmung hinein: "Für Traude und Edi - Von Herzen!"😊
![]()
Kurzbesuch im Atelier:
Im Publikum saß eine Frau, die dankenswerterweise die Klappsessel aus ihrem Atelier für die die Gäste der Lesung zur Verfügung gestellt hatte. Nach Stefans Darbietung halfen wir beim Zurücktragen der Stühle und nützten dabei auch gleich die Gelegenheit zu weiterem Kunstgenuss. Denn die Plastiken von
Sabine Pleyel sind ausgesprochen sehenswert.
Nach eigener Aussage bevorzugt Sabine Pleyel für ihre Skulpturen die Materialien Stein und Bronze. "Begründet liegt diese Entscheidung in der thematischen Ausrichtung meiner Arbeiten und an der großen Faszination schwer zu bearbeitender Materialien." Es interessiert sie, die Grenzen dieser Werkstoffe auszuloten und sie stellt sich gerne der Herausforderung, den "Widerspruch zwischen der Leichtigkeit des Moments und der oft spröden Schwere des Materials" aufzuheben. Mich faszinierte auf Anhieb ganz besonders die Plastik links unten - der Kopf aus Quarzit, der den Mann aus Bronze verschlingt - die Inspiration dazu kam laut Frau Pleyel aus der Form des Steins (der schon eine Art "Maul" hatte). Das hell-dunkle Paar ist aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt, das von Natur aus zweifärbig war, das heißt, sie musste erst mal den Punkt herausarbeiten, an dem eine Person sich von der anderen abhebt. Auch dieses Werk hat uns sehr beeindruckt.
![]()
Und somit sind wir durch unsere Fahrt nach Wien sogar gleich zweimal in kulturellen Genuss gekommen. Und hatten ganz allgemein wieder einen wunderbaren und erfüllten Tag. Ich hoffe, auch ihr habt das virtuelle Dabeisein wieder genossen und vielleicht auch das eine oder andere Neue erfahren!
Nun wünsche ich euch noch angenehme Septembertage und schicke euch ganz, ganz liebe Grüße! Demnächst geht es voraussichtlich mit meiner Sommer-Rückschau weiter - diesmal auf den August 2020.
Herzlichst, eure Traude