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Fair Play Teil 4: Frau R. denkt über die Erde nach ... und über Fußabdrücke...

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Servus ihr Lieben!
✿ܓܓ✿ܓ✿ܓ✿ ♥♥♥♥ܓܓ✿ܓ✿ܓ



In der Vorweihnachtszeit muss ich häufiger als sonst über den Sinn und Unsinn des
Konsumierens nachdenken. Vielleicht, weil sich mir durch das dschingelbellige Werbefernsehen,
durch schreiende Plakatwände, Postwurfsendungen und die Beobachtung von hektisch einkaufenden
Menschenmassen solche Gedanken einfach aufdrängen. Und zu Konsum passen dann auch wieder
Gedanken darüber, wo unsere Waren überhaupt herkommen. Und was unsere Einkäufe bewirken...
(mal abgesehen von den vielleicht leuchtenden Augen der Beschenkten...) Und was sonst noch 
alles damit zusammenhängen könnte auf unserem Paneten ...





Vielen Dank für euer Interesse und eure zahlreichen nachdenklichen Kommentare zu meinen 
bisherigen drei Fair-Play-Posts! Falls ihr sie versäumt habt oder darin nochmals etwas nachlesen 
wollt, findet ihr hier die Links dazu:





Angesichts mancher Schilderungen und mancher Bilder, die wir aus Indien mitgebracht haben 
und die ich euch im vorigen Fair-Play-Beitrag zeigte, kam in vielen von euch der Wunsch auf, dass 
niemand in solcher Armut leben möge. 

Beim Betrachten einiger Aufnahmen, die ich euch heute zeige, werdet ihr euch hingegen vielleicht 
fragen, was für "Schweindln" in diesem riesengroßen Land leben. Doch bevor ihr die Menschen in
 Indien als Umweltverschmutzer verurteilt, solltet ihr erstmal meinen heutigen Artikel zu Ende lesen
 ;o)) Und vergesst dabei bitte nicht, dass ich das Land und seine Menschen als sehr liebenswert
kennengelernt habe! Extrem anders als unsere Welt und unsere Menschen, aber wunderbar kreativ,
freundlich, humorvoll, großzügig, farbenfroh, fröhlich, quirlig... - eben liebenswert!

[Übrigens sind einige der Fotos, die ihr heute seht und im letzten Post gesehen habt, von unserer Freundin Moni. Edi 
und ich sind zwar selbst nicht nur die "Heile-Welt-Fotografen", doch Moni wirft gern einen noch kritischeren Blick auf 
alles. Und außerdem wollte sie ihrer Mutter und ihrer Schwester "Beweisfotos" mitbringen, weil die sich sonst gar nicht
vorstellen hätten können, wie verdreckt manche Waldränder, See-Ufer etc. gewesen sind, die wir in Indien gesehen 
haben.] 




Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Menschen in Indien (und in anderen sogenannten
Entwicklungsländern) zum Teil noch damit aufgewachsen sind, dass alles, was man besaß, verrottet
ist: Essen wurde zum Beispiel auf Bananenblättern serviert - die man nach der Mahlzeit einfach neben
das Haus warf, wo es zu Kompost wurde. Eine geniale Lösung. Der Mensch im Einklang mit der
Natur. Bei uns war es vor einigen wenigen Generationen nicht großartig anders. Es gab zwar keine
Bananenblätter, aber z.B. Holzschüsseln und Löffel. Und gegessen wurde, was aus dem Garten kam -
ganz ohne Verpackungsmüll. Doch von dort wollten wir offenbar alle weg. Und auch in Indien wird
das Essen nur noch als Besonderheit in teuren Spezialitätenrestaurants auf diese Weise serviert.


Traditionelles Essen in Chettinad / Südindien

 Nun werden Plastik, Papier, Dosen ebenso nebens Haus geworfen. Es verhält sich nicht überall
gleich - aber wir sind durch manche Ortschaften und Landstriche gekommen, die für uns
schockierend aussahen. Kühlschänke irgendwo am Waldrand in den Bergen... oder auch an
irgendwelchen städtischen Straßenecken, direkt neben der Werbung für Bollywoodfilme oder für
Politiker. Müll an so vielen Gewässern... Und  auch die LKW-Kolonnen mit den schmauchenden
und bestimmt reichlich Dreck in die Umwelt blasenden Fahrzeugen hatten auf uns keine
beruhigende Wirkung...





 Meiner Meinung nach haben hier die vom Westen verordneten Bildungs- und Aufklärungs-
programme kläglich versagt. Es ist bestimmt keine schlechte Sache, Menschen aus ärmeren
Schichten das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen und sie so auch näher an Möglichkeiten
heranzubringen, sich einen gewissen Wohlstand zu erwerben, doch mindestens genau so wichtig
wäre es, die Menschen darüber aufzuklären, welche Veränderungen sich durch diesen Wohlstand
ergeben.





Die indische Mittelschicht wächst - und damit zugleich die Anzahl der Menschen in diesem Land,
die sich endlich eine Scheibe vom vermeintlichen Reichtum dieser Welt abschneiden wollen. Was
verständlich ist - sie unterscheiden sich damit ja nicht von uns: Sie wollen Kühlschränke und
Motorräder besitzen, Fernsehapparate, Autos und Handys. Sie wollen also jene praktischen, das
Leben angeblich erleichternden oder verschönernden Dinge besitzen und so hübsch gekleidet und
geschmückt aussehen, wie sie es auf den riesigen Werbeplakaten und in den überall im Land
entstehenden Konsumtempeln gezeigt bekommen. Leider haben sie nicht gelernt, mit den Dingen,
die sie haben wollen,  richtig umzugehen, sie pfleglich zu behandeln und sie fachgerecht zu
entsorgen.

Wer Dinge kauft, übernimmt letztendlich auch die Verantwortung. Dafür, dass sie erzeugt werden,
dafür wie sie verwendet werden und dafür, wie sie entsorgt werden.






Aber was rede ich da? 
Übernehmen wir selbst die Verantwortung für die Dinge, die wir kaufen und benützen?? 
Um mal ein jahreszeitlich passendes Beispiel zu bringen: Denken wir darüber nach, dass wir die 
Welt unserer Kinder um ich weiß nicht wie viele Bäume ärmer machen, wenn wir ihre Weihnachts-
geschenke in Papier packen, das dann häufig achtlos weggeworfen wird? (Allein in Wien fallen 
in der Woche nach Weihnachten 290 Tonnen mehr Papiermüll an als sonst!!! Aber es werden hier
von der Stadt wenigstens auch nette Alternativen angeboten!)


Straßenszenen in Indien - Werbung ist hier inzwischen allgegenwärtig.


Denken wir darüber nach, dass wir, wenn wir z.B. eine Cola erstehen (wie sie inzwischen auch auf 
indischen Plakatwänden eifrig beworben wird) letztendlich ebenso für die Produktionsenergie der 
Limonade und der Flasche oder Aludose*), für den Transport des Getränks und für die Entsorgung 
der Plastik- oder Glasflasche oder der Dose verantwortlich sind?

*)Für Aluminium wird z.B. Regenwald zerstört!

Und wenn wir ein Auto kaufen? Neulich habe ich euch das Beispiel 
der nicht gerade menschenfreundlichen  Autospiegelproduktion in Ungarn gebracht - KLICK...
Aber ein Fahrzeug besteht ja noch aus viel mehr Einzelteilen ... und aus viel Energieaufwand 
von der Produktion über die Verwendung bis zur Entsorgung...




Ich wage mal zu behaupten, dass 
darüber kaum jemand so wirklich nachdenkt. Und die Liste der Dinge, die wir kaufen, ohne groß 
darüber nachzudenken, ist endlos: das neueste Handy, diese und jene Cremes oder Waschpulver (die 
fast alle unter Verwendung von Palmöl hergestellt werden, wofür ebenfalls Regenwälder abgeholzt
werden!), die neuesten Deko-Dingens, Fleisch aus Massentierhaltung, den batteriebetriebenen
Pinguin vom Kaffeeröster, Kapselkaffeeautomaten und so weiter und so fort...

Die vom Westen verordneten Bildungs- und Aufklärungsprogramme haben also unter anderem
deshalb kläglich versagt, weil wir "Westler" selbst noch nicht begriffen haben, dass wir beim Erwerb
von Dingen auch die Verantwortung für das übernehmen, was bei ihrer Erzeugung und bei ihrem
Transport passiert. Und was wir mit alledem bewirken.


Inder, die auf sich halten, besitzen ein Handy. Und ein Motorrad oder Auto. Und legen auf Mode wert. 
Und Waren werden kaum noch per Kamel transportiert, sondern per LKW. In langen, stinkenden Kolonnen...


Wenn ihr euch die folgende Graphik anseht (und euch dann 
meine Erklärungen dazu durchlest), werdet ihr erkennen, dass das, was in Indien seit einiger Zeit 
massiv schief läuft, in den reichen Ländern schon viel länger noch viel schiefer läuft. Es mag bei 
uns ordentlicher wirken, aber das macht die Sache nicht besser

Ich glaube, den Begriff "ökologischer Fußabdruck" 
werden inzwischen die meisten von euch schon mal gehört haben. Es handelt sich dabei um eine 
Berechnungsmethode, wie viel »Natur« jeder einzelne Mensch pro Jahr mit seiner Lebensweise 
verbraucht. Alles, was wir essen und trinken, was wir einkaufen, was wir an Müll und Abgasen 
produzieren,... wird addiert und als Fläche berechnet.



Diagramm wie viel Erden ein Land ca. benötigt, um den momentanen Resourcenverbrauch aufrecht zu halten.
via



Der ökologische Fußabdruck gibt also an, wie groß das Stück Erde ist, das wir brauchen, 
um all das herzustellen, was wir konsumieren oder in den Bereichen Fortbewegung, Elektrizität, 
Trinkwasser etc. verwenden. Ich habe oben eine Graphik des Österreichischen Ökologie-Instituts 
eingefügt, die allerdings leider nicht mehr ganz aktuell ist. Sie ist etwa 5 Jahre alt, und ich fürchte,
die Zahlen haben sich mittlerweile verschlechtert, aber sie sind auch so schon erschreckend genug.




Wie ihr an der Öko-Graphik sehen könnt, ist Indiens Fußabdruck der kleinste von allen 
Beispielnationen: Würden alle Menschen im Durchschnitt so leben wie die Menschen 
in Indien, würden bei gleicher Ernährung, ähnlichem Lebensstil und Energiebedarf gerade 
mal die Ressourcen einer halben Erde verbraucht werden... 


 


Würden hingegen alle Menschen dieser Welt so leben wie wir hier in einem EU-Staat, würden 
wir fast drei Erden benötigen. Und würden alle Menschen so leben wie in Australien oder in 
den USA, wären gar noch mehr Erden notwendig. Wir haben aber keine drei, vier oder sechs 
Erden. 

Wir haben nur diese eine... 

Lasst das mal auf euch wirken.
Wir haben nur diese eine Erde...






Warum sich die Zahlen verschlechtert haben, liegt auf der Hand: Die Anzahl der Menschen
auf diesem Planeten wächst und wächst - und somit auch die Anzahl der Verbraucher. Und
 leider wächst auch die Zahl der Menschen, die sich größere Mengen an Konsumgütern leisten
kann... (und sie sich auch tatsächlich leistet!)

Während in der westlichen Welt die Geburtenraten drastisch zurückgegangen sind, ist die
Bevökerungsrate in Ländern wie Indien am Explodieren. Obwohl der Subkontinent mit einer Fläche
von ca 3,29 Millionen Quadratkilometern nur das siebentgrößte Land der Erde ist, lebt hier etwa ein
Siebtel der Weltbevölkerung - also mehr als eine Milliarde Menschen. (Zum Verleich: Das größte
Land der Welt ist Russland mit einer Fläche von rund 17,1 Millionen Quadratkilometern - hier
leben aber nur 143,5 Millionen Menschen!) 


http://www.wachsdum.ch/wp-content/uploads/BevExpl.jpg
via

Pro Sekunde nimmt die Weltbevölkerung um ca. 2,5 Menschen zu, das heisst innerhalb von
zwei Sekunden werden fünf Menschen mehr geboren als sterben - und dieses Bevölkerungs-
wachstum geht vor allem auf arme Entwicklungsländer wie Indien zurück... Wenn ihr HIER auf
den Weltbevölkerungszähler klickt, könnt ihr der Weltbevökerung beim Wachsen zusehen - und
das Tempo ist in der Tat beängstigend rasant!

Als ich zuletzt auf den Link geklickt habe, konnte ich dabei zusehen, wie der Zähler gerade auf 7,294.000.000 Menschen 
(in Worten Sieben Milliarden zweihundertvierundneunzig Millionen!) sprang - ich denke mal, wenn ihr meinen Beitrag 
lest, werden wir schon ein ganzes Stück weiter gesprungen sein).




Immer noch liegt der Anteil der Menschen in Indien
unterhalb der Armutsgrenze bei rund 30 %. Dennoch hat sich die Versorgungslage der Armen
am Subkontinent  in den letzten Jahren grundlegend verbessert. So betrug dort die durchschnittliche
Lebenserwartung im Jahr 1971 für Männer nur 44 Jahre und für Frauen 46 Jahre. Als Durchschnitts-
Inderin der Siebzigerjahre wäre ich also schon seit acht Jahren tot. Im Jahr 2006 konnten die Inder
im Durchschnitt ein um zwanzig Jahre längeres Leben führen. (Quelle Wikipedia - aktuellere Werte
konnte ich leider nicht finden.)





Es gibt immer noch hungernde Menschen in Indien, jedoch die zahlreichen Maßnahmen innerhalb
des Landes und durch diverse Hilfsorganisationen haben bewirkt, dass die medizinische Versorgung
besser und die Säuglingssterblichkeit gesunken ist, dass die Kinder in der Schule zu essen bekommen
(dadurch werden sie von den Eltern auch nicht mehr im früheren Ausmaß zum Betteln oder zur
Kinderarbeit geschickt und erhalten eine gewisse Bildung ...)

All das klingt einerseits sehr erfreulich - andererseits hat natürlich alles so seine Folgen... Und wie
ihr spätestens seit meiner Erwähnung von Frederic Vesterwisst, sind von der Menschheit bei all
ihren bisherigen Handlungen nicht sämtliche Folgen bis ins letzte Detail durchdacht worden.





Während humanitäre Organisationen aus aller Welt für bessere Ernährung und eine längere Lebens-
erwartung sorgten, wurde weder im gleichen Ausmaß für Aufklärung im Sinne von Empfängnis-
verhütung gesorgt noch für Altersvorsorge (vorläufig sind für die Armen immer noch Kinder DIE
Altersversorgung Nummer eins) noch für Bildung, die über lesen, schreiben, rechnen hinausgeht:
Umwelterziehung stünde für mich ziemlich weit vorne. Und zwar nicht nur in Indien, sondern
ebenso hier.

Auch nicht schlecht wäre ein Unterrichtsfach "kritisches Denken" - egal ob nun im Zusammenhang
mit Werbung oder mit Politik oder mit anderen Lebenssituationen. Die Dinge zu hinterfragen wird
allerdings nicht gern gefördert, denn Selberdenker sind unpraktisch für die, die ein Volk lenken
wollen. Aus irgendwelchen Gründen scheinen die Regierungen dieser Welt besonders großen Wert
darauf zu legen, unkritische Konsumenten großzuziehen. Aber auch das ist natürlich wieder
kurzsichtig, denn auf diese Art und Weise bringen wir die Welt immer schneller zum Ruin.





Ihr könnt davon ausgehen, dass der immer noch recht positive Fußabdruck Indiens - neben der
überwiegend vegetarischen Ernährung der meisten Hindus (abgesehen von der Kriegerkaste, zu
der auch Wächter, Polizisten etc. gehören, soweit ich weiß) - vor allem den Armen und den
zumindest nicht allzu Reichen dieses Landes zu verdanken ist - jenen Menschen, die mit "nichts"
auszukommen gelernt haben, jenen, die zu fünft in winzigen Behausungen ohne Strom leben,
jenen, die Felder mit der Kraft der eigenen Muskeln und vielleicht eines Ochsen bearbeiten und
selbst für weite Strecken das Fahrrad nehmen anstelle des Motorrads oder Autos...





Es ist vermutlich nicht in allen Bereichen wünschenswert für uns, ein solches Leben zu führen,
aber wir sollten zumindest lernen, ein Leben zu führen, dass dem eben beschriebenen wieder ein
Stückerl näher kommt. Ein bewußteres. Eines, das irgendwann mal GENUG besitzt.

Eines, das mehr für die Welt agiert als gegen sie.

Das ist zwar nur die halbe Miete, aber zumindest mal ein Schritt in die richtige Richtung. Und das
wiederum wäre doch ein richtig gutes Weihnachtsgeschenk für die nachfolgenden Generationen...
(Jedenfalls ein viel besseres als der oben erwähnte batteriebetriebene Pinguin! ;o))


Fotos: Herr und Frau Rostrose sowie unsere Freundin Monika Sch.
 ✿ܓܓ✿ܓ✿ܓ✿ ♥♥♥♥ ܓܓ✿ܓ✿ܓ
Alles Liebe und herzliche rostrosige Grüße 
von der Traude
✿ܓܓ✿ܓ✿ܓ✿ ♥♥♥♥ ܓܓ✿ܓ✿ܓ

PS:
Ursprünglich hatte ich euch als nächstes Posting eines zum Thema Lipödem
angekündigt - dieses Thema war mir heute aber wichtiger, das andere wird
nachgereicht... :o)

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